Mediation
Die Geschichte der Mediation reicht zurück in die Antike. In den Schriften der Philosophen (Platon und Aristoteles) ging es im Fokus um Fragen des Gemeinwohls und des Interessenausgleiches. Es begann ein Entwicklungsprozess der humanitären und friedvollen Konfliktlösung.
Vermittler hatten bereits in der Antike eine besondere Rolle und wurden bereits in den damaligen Schriftrollen beschrieben. Oft wurden Persönlichkeiten mit hohem Ansehen als Vermittler eingesetzt. Allerdings beeinflussen diese die Entscheidungsfindung aktiv und inhaltsorientiert.
Die heutige Mediation ist prozessorientiert ausgerichtet und der Vermittler (Mediator) allparteilich.
Seit den siebziger Jahren nun verbreitet sich die Mediation im deutschsprachigen Raum. Nebst der “klassischen” Familienmediation haben sich inzwischen weitere Zweige der Mediation etabliert: Wirtschaftmediation, Schulmediation oder Mediation in politischen Kontexten. Mediationsverfahren übernehmen bereits in verschiedenen Gerichtszweigen eine wichtige Funktion.
Mediation in Asien
Einen Freund zu behalten ist hier viel wichtiger, als einen Sieg zu erringen.
In Asien haben außergerichtliche Methoden zur Lösung von Konflikten schon traditionell einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. In China ersetzt Mediation nahezu die Justiz bei der Lösung von sozialen, familiären und betrieblichen Konflikten. Der Grund hierfür liegt darin, dass offene Streitigkeiten seit alters her in China soweit möglich vermieden und daher nur im äußersten Fall geschlichtet werden. Die förmliche Anrufung eines Gerichtes wird als Schande empfunden, da sie einen Gesichtsverlust der Beteiligten bedeutet. Die Ursache hierfür liegt in der nach Harmonie strebenden, konfuzianisch geprägten Philosophie der chinesischen Gesellschaft: Lässt sich ein Streit nicht vermeiden, so ist er zumindest friedlich zu schlichten. Dabei wird es in der chinesischen Kultur höher bewertet, einen Kompromiss zu erreichen, als sein persönliches Recht durchzusetzen. Zudem gilt der Ausbruch eines offenen Konfliktes als ein Zeichen mangelnder Bildung. Dieser Harmonie- und Schlichtungsgedanke ist seitdem unangetastet und prägt die chinesische Streitkultur bis in die Gegenwart. So wurde die Mediation als Verfahren zur Streitbeilegung mittlerweile in wichtigen chinesischen Wirtschaftsgesetzen zwingend festgeschrieben.
Auch im japanischen Wirtschaftsleben ist die Schlichtung seit alters her verbreitet und hat eine bis in die Gegenwart anhaltende Tradition. Bemerkenswert ist hierbei die Beobachtung, dass japanische Unternehmen bis heute in großem Umfang auf die Anrufung der staatlichen Gerichte verzichten, was sicher nicht daran liegt, dass dort weniger Konflikte auftreten als beispielsweise in Deutschland. Der Grund hierfür ist in erster Linie in der als ineffektiv empfundenen Zivilgerichtsbarkeit zu finden. Die Lösung von Konflikten wird durch die Mediation wieder in die Eigenverantwortung der Parteien gegeben. Diese können dann neben rechtlichen Aspekten viel besser auch ökonomische und persönliche Gesichtspunkte berücksichtigen und so die bestmögliche Lösung vereinbaren.
Während die westlichen Kulturen besonderen Wert auf das Recht von Individuen legen, wird die Identität in dem asiatischen und orientalischen Kulturkreis durch die Beziehung im sozialen System definiert: Einen Freund zu behalten ist hier viel wichtiger, als einen Sieg zu erringen.
Mediation – Made in USA
Die ersten Mediationszentren in den USA wurden von chinesischen Einwanderern eingerichtet. Auch andere Völkergruppen und Religionsgemeinschaften haben in den Vereinigten Staaten ihre Konflikte durch die Mediation gelöst. Erst Ende des 19 Jh. sind die Amerikaner selbst auf diese Form der Streitvermittlung aufmerksam geworden. Inzwischen hat sich in den USA die Mediation als Methode zur Konfliktlösung etabliert und ist sogar teilweise als Vorverfahren zur gerichtlichen Auseinandersetzung gesetzlich vorgeschrieben. Der Verfahrensweg über die Gerichte wird dagegen meist als zu langwierig, kostenintensiv, starr und unpersönlich gesehen.
Mediationstradition in Europa
In Europa sind mediative Elemente bei der Lösung von Konflikten bereits seit dem Mittelalter zu finden. So wird in der Einleitung zum Münsteranertext, einem der beiden Vertragswerke des Westfälischen Friedens vom 24.10.1648, ausdrücklich der Mediator Alvise Contarini erwähnt. Erst auf diesen venezianischen Gesandten und Ritter konnten sich alle Konfliktparteien als Vermittler verständigen. Jedoch hatte auch er einen schweren Stand, da er fast fünf Jahre lang zwischen den verfeindeten Parteien vermitteln musste, bis endlich ein Friedensvertrag möglich war.
Vermittlungen und mediative Aussöhnungen unter Ehegatten waren bereits vor der Französischen Revolution bekannt. Und im 19. Jh. wurden in England erste Schlichtungsstellen insbesondere für wirtschaftliche Streitigkeiten geschaffen. Seit Ende der 70er Jahre nimmt die Mediation nun auch im deutschsprachigen Rechtsraum einen immer größeren Stellenwert ein. Zunächst überwiegend zur Vermittlung in Familien- und Scheidungskonflikten eingesetzt, findet die Mediation als Methode zur Konfliktlösung mittlerweile in vielen Bereichen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens mit Erfolg Anwendung. So sind in jüngster Zeit an vielen Schulen Projekte gestartet worden, um Konfliktlotsen als Ansprechpartner für Streitigkeiten unter den Schülern auszubilden. Im Rahmen von Strafverfahren werden Mediatoren beim Täter-Opfer-Ausgleich zur Vermittlung herangezogen. Ebenso bieten sich Großprojekte für eine Mediation an. So wurden beispielsweise Verfahren um den Ausbau des Flughafens Wien und des Frankfurter Flughafens bereits mit Erfolg abgeschlossen. Konzerne wie die Fa. Motorola haben die Mediation als erfolgreiche Form der Konfliktlösung erkannt und in ihren unternehmerischen Alltag integriert. Auch bei dem Verfahren um die Schadensersatzforderungen des Bundes gegen Toll Collect, wegen der Autobahnmaut, sind Mediatoren beteiligt. Nicht zuletzt wurden die massiven religiös-kulturellen Konflikte bei der Auflösung des ehemaligen Jugoslawiens durch ein Heer von Mediatoren eingedämmt.
Gesellschaftlich betrachtet steckt die Mediation in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Noch immer fällt die Entscheidung gegen eine Mediation im Fall von zwischenmenschlichen Konflikten. Wärend in asiatisch-orientalischen Kulturen die Anrufung einer Entscheidungsmacht als Handlung Ungebildeter oder als Gesichtsverlust bewertet wird, ist es in Deutschland eher umgekehrt. Den Anderen zu besiegen wird als potentes Ziel gesehen und nicht die achtende Lösung eines temporären zwischenmenschlichen Problems.
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