An einem warmen Sommertag hatte die Eintagsfliege um die Krone eines alten Baumes getanzt, gesungen, geschwebt und sich maßlos
glücklich gefühlt und als das kleine Geschöpf einen Augenblick in stiller Glückseligkeit auf den großen, frischen Blättern ausruhte, sprach der Baum zu ihr: „Arme Kleine! Nur ein Tag währt dein
ganzes Leben! Oh, wie kurz dies ist! Es stimmt mich sehr traurig!”
Traurig?” erwiderte in froher Stimmung die Eintagsfliege, „was meinst du damit? Alles ist so herrlich, so bunt, so warm und schön, und ich selbst bin maßlos glücklich!” Mit trauriger Stimme
erwidert der Baum: „Aber nur einen Tag, und dann ist alles vorbei!”-
Vorbei?” fragt die Eintagsfliege, „was ist vorbei? Bist du auch vorbei?” „Nein“, antwortet der Baum, „ich lebe vielleicht Tausende von deinen Tagen, und meine Tage sind ganze Jahreszeiten! Das ist etwas so Langes, dass du es gar nicht ausrechnen kannst!”
„Nein, sagt die Eintagsfliege, „denn ich verstehe dich nicht! Du bist Tausende von meinen Tagen, aber ich habe Tausende von
Augenblicken, in denen ich froh und glücklich sein kann! Hört denn alle Herrlichkeit dieser Welt auf, wenn du einmal stirbst?”
“Nein”, sagte der Baum, “die währt gewiss länger, unendlich viel länger, als ich denken kann!”
“Aber dann haben wir ja gleich viel, nur dass wir verschieden rechnen!”
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